Montag, 1. März 2010

Frau vergleiche

Aufgrund einiger Artikel, die in letzter Zeit im TA und im Magazin erschienen sind, wage ich einmal folgenden Vergleich.

Die allgemeine Meinung meint, dieser Frau fehle es an persönlicher Freiheit:









Das Verhalten von kopftuchtragenden Frauen ist für uns unverständlich, sie lösen in uns ein Gefühl des Entsetzens aus: Warum verbirgt frau sich unter solch offensichtlichen Symbolen der Unterdrückung? Weshalb schränkt sie ihre eigene Freiheit, ihre eigene Persönlichkeit ein, um kulturellen Normen zu entsprechen, um gar gesellschaftlicher Ächtung zu entgehen? Und warum zeigt sie in Gottes Namen ihre Unterdrückung, ihre gesellschaftliche Abhängigkeit so offensichtlich durch das Tragen dieses Schleiers, statt sich zu emanzipieren, zu tragen was ihr gefällt und nicht was von patriarchalischen Frauennormen gefordert wird?!

Ich bin dafür, dieselben Fragen und Forderungen auch an sie zu stellen:


Weil die Antworten nämlich dieselben sind:

Ohne fühle frau sich nackt, nicht ganz weiblich, nicht ganz sie selbst, nur mit, sei sie eine eigenständige Persönlichkeit, eine ganze Person. Anwendbar auf Kopftuch, wie auch auf Make-up.

Natürlich handelt es sich bei beiden Bildern um Extremfälle, doch bei den muslimischen Frauen beschränken wir unsere Kritik ja schon lange nicht mehr nur auf die sogenannten Extremfälle, so müssten wir konsequenterweise uns auch von den Extrembeispielen unseres gesellschaftlichen Schönheitswahns lösen mit allen légere-kopftuchtragenden Frauen die Léger-essenden Frauen ebenso an den Pranger stellen.

Als Selbstverwirklichung und Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, Schlüssel zum Erfolg und mehr Lebensfreude wird die Schönheit noch immer gehandelt und dies mit solchem Geschick, dass weder Frau noch Mann bewusst wird, wie sehr die Frau damit unter den Schleier der gesellschaftlichen Unfreiheit gedrückt wird. Wie das Kopftuch bei der muslimischen Frau, wird auch das Köperbewusstsein der westlichen Frau nirgends explizit gefordert, und dennoch ist beides kulturell als Symbol der echten Frau soweit verankert, dass ein unausgesprochenes Gesetzt missachtet, wer sich der scheinheiligen Echtheit widersetzt und beide Frauen werden nicht selten auch mit gesellschaftlicher Ausstossung konfrontiert, sollte sie all zu sehr von der Norm abweichen. Der einzige nennenswerte Unterschied zwischen der Frau mit Kopftuch und der Frau mit den Botoxlippen findet sich wahrscheinlich darin, dass Ersterer physische Gewalt droht, sollte sie sich den Kleidungsnormen widersetzten, während Letztere sich selbst physische Gewalt antut, um den Normen konform zu werden.
Die Vorstellung von der echten westlichen Frau ist noch immer in einer Absolutheit in uns verankert und an ihr Äusseres gebunden, wie es uns eigentlich erschrecken sollte. Leider tut es dies nicht. Denn diese Vorstellungen sind so tief in unsere Muster eingebrannt, dass wir bereit sind, sie als natürlich zu betrachten und sie in ihrer Existenz wahrzunehmen unfähig geworden sind. Die Verhaltensmuster sind soweit natürlich geworden, dass Frauen den Aufdruck "dies ist ohne weitere Bedeutung." auf ihrem Busen präsentieren, nicht ohne Stolz endlich durchschaut zu haben, dass Mann nun mal so funktioniert und gar nichts für, geschweige denn gegen sein Verhalten kann. Die emanzipierte Frau hat heute über diesem männlichen Verhalten zu stehen. Ich glaube aber, dass es falsch, wenn nicht sogar frech ist, die Männer von ihrer Verantwortung freizusprechen und sie in die Abhängigkeit ihrer Triebe zu stellen. (Obwohl Mann diese Entschuldigung auch selber gerne verwendet.) Dass Männer in höchstem Grade dafür verantwortlich sind, wenn Frauen sich ohne Make-up, ohne 90-60-90 Figur, ohne gepflegte Fingernägel, ohne gezupfte Augenbrauen, ohne rasierte Beine, ohne Absatzschuhe und ohne einengende Jeans (um nur eine Auswahl aller physischen Qualen wieder zugeben) nicht als Frauen fühlen, lässt sich einfach beweisen, indem wir uns die Frage beantworten, ob nun die muslimischen Männer oder dessen Frauen die Verursacher sind, wenn Frauen ohne Kopftuch sich nicht mehr wohl fühlen können, und aus der Antwort dann wieder die Parallele ziehen.

Der nächste absolut notwendige Schritt für die weibliche Emanzipation funktioniert nicht ohne die wahrgenommene Verantwortlichkeit der Männer. Das Problem ist, dass allgemein angenommen wird, (weil ironischerweise das die Frauen selbst immer so behaupten) Schönheitsoperationen und Qual-Diäten geschähen auf absolut freiwilliger Basis, ein blauäugiger Glaube an die weibliche Vernunft und die menschliche Wahlfreiheit, doch ich wage hier einmal zu behaupten, dass Frauen die sich die Lippen spritzen lassen, ebenso unfrei handeln, wie Frauen, die ein Kopftuch tragen, doch wurde dieses Verlangen (nicht nur die Norm!) so stark anerzogen, dass Frau selbst den ständigen gesellschaftlichen Druck nicht mehr wahrnehmen kann und davon überzeugt ist aus freien Stücken zu handeln.
Ein Blick, ein kleiner Witz, eine nette Bemerkung ist als einzelne losgelöste Handlung durchaus kein Desaster, doch sie sind die subtilen und somit gefährlichsten Äusserungen falscher Wertemuster unserer Kultur und somit aus Prinzip absolut verwerflich, weil Frau allein deren Wirkung nicht kapieren kann!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen